Kultur in Madagaskar
Die Herkunft der madagassischen Bevölkerung
Madagaskar ist der Kontinent, wo sich Afrika mit Südostasien trifft. Obwohl die Bucht von Ampasindava im Nordwesten Madagaskars aufschlussreiche archäologische Funde liefert, die deutlich auf eine afrikanische Bantu-Kultur des zehnten Jahrhunderts hinweisen, lassen sich südostasiatische kulturelle Einflüsse in der madagassischen Gesellschaft nicht leugnen. Die mandelförmigen Augen der Merina-Bevölkerung, des Volksstammes von Antananarivo und die Giebeldächer der traditionellen Häuser verraten ihren südostasiatischen bzw. nusantarischen Ursprung. Reisterrassen, Auslegerboote und die monolithische Kultur sind weitere südostasiatische kulturelle Elemente, die in Madagaskar durch Einwanderer eingeführt wurden.
Woher stammt die madagassische Bevölkerung?
Die Sprache ist ein wichtiges Element einer Kultur. Das Malagasy ist mit Ma´anjan, dem Dialekt des Südwesten Borneos, verwandt. Malagasy beinhaltet aber auch malaiische und Bantu bzw. Suaheli Wörter. Der Grundwortschatz des Madagassischen lässt sich jedoch der malaiischen Familie zuordnen. Die Frage liegt nahe, wie und warum Austronesier nach Madagaskar gelangt sind.
Die Austronesier
Seit dem dritten Jahrhundert nach Christus war der Handelsweg zwischen dem Roten Meer und dem indischen Ozean bekannt. Man könnte annehmen, dass die Austronesier zu dieser Zeit versuchten, den Handel auszubauen. Sie waren dabei unter anderem auf der Suche nach Gewürzen. Aus diesem Grund warfen sie ihre Anker in Südindien und später auch an der Küste Madagaskars aus, da diese Gegenden für ihre Gewürze bekannt waren.
Einige Historiker behaupten jedoch, die Ankunft der Austronesier wäre nur Zufall gewesen. Historische arabische Quellen erzählen von einem Angriff indonesischer Auslegerboote an der südostafrikanischen Küste im 10. Jahrhundert. So beschreibt der arabische Historiker Al Idrisi (1154) in einer Erzählung das Volk Wak-Wak.
Das Wort Wak-Wak könnte eine alte Form des madagassischen Wortes „Vahoaka“ sein, was „Volk“ bedeutet. Da die Wak-Wak bei ihrem Angriff von den Einheimischen besiegt wurden, mussten sie auf die zur Madagaskarregion gehörenden Komoren-Inseln fliehen. Dank ihrer soliden Navigationskenntnisse, war es den Wak-Wak möglich, zwischen dem Festland und den Inseln zu segeln. Sie wurden dabei durch das Wechselspiel des Monsunwindes im Indischen Ozean unterstützt.
Bereits vor 2000 Jahren wurde erkannt, dass der Monsunwind im indischen Ozean je nach Jahreszeit zum Segeln zwischen Indien und dem Roten Meer genutzt werden kann. Eine weitere These beschreibt die Ankunft der Austronesier mit zwei Zwischenlandungen. Die erste Zwischenlandung erfolgte in Südindien. Seit dem vierten Jahrhundert gab es Beziehungen zwischen Südindien und Westindonesien. Die indonesischen Herrscher dieser Zeit ließen sich von der hinduistischen Religion inspirieren und so fungierten hinduistische Lehrer bei den indonesischen Königen als Berater.
Hatte man Südindien erreicht, hatte man bereits die Hälfte der Strecke von Westindonesien nach Madagaskar hinter sich. Die zweite Zwischenlandung vollzog sich an der Ostküste Afrikas. Die indonesischen Auswanderer vermischten sich erst mit den dortigen Bantus und fuhren dann weiter nach Madagaskar. Dank ihrer langen Seefahrertradition stellte die Überfahrt kein Hindernis dar und Erkundungsfahrten konnten durchgeführt werden.
Malaiische Einwanderer
Der holländische Historiker Van der Stel suchte in der Bucht von Antongil nach Spuren der malaiischen Einwanderer. Laut seiner Berichte bestand im 10. und 11. Jahrhundert eine direkte seefahrerische Verbindung zwischen Südostasien und Madagaskar, die ohne Zwischenlandung in Ostafrika möglich war. Die Bucht von Antongil bzw. die Stadt Maroantsetra an der Südostküste Madagaskars weist malaiische Elemente auf, deren Ursprung auf Anlandung südostasiatische Einwanderer zurückzuführen ist.
Die Verbreitung der Neuankömmlinge wurde zu dieser Zeit von den Einheimischen als Bedrohung empfunden. Die malaiischen Einwanderer wurden von der lokalen Bevölkerung von Maroantsetra fortgejagt und mussten daher weiter ins Landesinnere fliehen. In seinem bekannten Buch „Histoire de la Grande Isle Madagascar“ (1656) beschreibt Etienne de Flacourt kleinere Gemeinschaften, die Madagaskar zur vorchristlichen Zeit bevölkert haben sollten.
Jüdische Gemeinden
Jüdische Gemeinden wurden unter anderem erwähnt, deren Ankunft in Madagaskar frühestens im 8.Jahrhundert vor Christus erfolgte. Dabei handelte es sich um Kolonien der Idumea-Gemeinde, aus den Gebieten am Roten Meer. Sainte Marie und Fenerive-Est sollten zu den alten jüdischen Siedlungen Madagaskars gehören. Interessanterweise heißt Sainte Marie in der einheimischen Sprache Insel Boraha und das Wort Boraha könnte vom biblischen Wort Abraham abstammen. Die frisch gegründete religiöse Bewegung namens jüdisch-hebräische-messianische Gemeinde von Antananarivo attestiert die Echtheit dieser These. Im Reichsdokument stand tausend Jahre später und während des dritten Reiches der Wunsch des Führers, Juden nach Madagaskar zu deportieren.
Arabische Einflüsse
Die Ostküste Madagaskars von Vohemar nach Taolagnaro wurde vom 9. bis 15. Jahrhundert regelmäßig von arabischen Geschäftsleuten besucht. Sunniten, Ismaeliten und Zeiditen gründeten in dieser Region Handelsstützpunkte. Indes erstrebten sie die Verbreitung der islamischen Religion. Die Verbreitung islamischer Literatur bedurfte der Erfindung von Papier. Für diesen Zweck wurde aus der Rinde des sogenannten Avoha-Baums das Antemoro-Papier hergestellt. In der Kultur des Volkstammes Antemoro lässt sich eine arabische bzw. islamische Prägung nicht leugnen. So kommen Namen wie Said, Mosa und Ali häufig vor. Schweinefleisch ist heutzutage noch bei dieser Bevölkerungsgruppe fady.
Sowohl arabische Händler als auch die Könige der Merina-Monarchie betrieben Sklavenhandel. Bantu-Männer der Ostküste Afrikas wurden gefangen und nach Madagaskar verschifft.
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